Michael Wurtz

Predigt – Trauerfeier 16.10.2013

Emil Bühler

* 16.04.1929 08.10.2013

Sprüche 2,7


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.


Liebe Familie Bühler, liebe Angehörige und Freunde, werte Trauergemeinde,

wir nehmen Abschied. In aller Stille. Wir kommen zusammen, hier in der Kirche, vor der Urne von Emil Bühler. Am vergangenen Dienstag vor einer Woche ist er gestorben. Und doch ist sein Tod für uns noch nicht ganz begreifbar. Überall entdecken wir seine Spuren. In unserem Leben, in der Wohnung, im Geschäft. Seine Kleider und Schuhe, der Geldbeutel, sein Schlüssel, sein Werkzeug. Vieles erinnert uns an ihn. Diese Erinnerung wird bleiben. Wir werden sie in den kommenden Tagen in unserem Herzen tragen.

Mit diesen Erinnerungen nehmen wir heute Abschied. In den vergangenen 84 Jahren hat Emil Bühler das Leben vieler Menschen geprägt. Und so möge jeder seine ganz eigenen Erinnerungen an Emil Bühler in das jetzt Gesagte mit einbringen.

Geboren wurde Emil Bühler am 16. April 1929 in Freiburg als Sohn der Waldarbeiterfamilie Bühler vom Schutzhof, wo er mit seiner 11 Jahre jüngeren Schwester Mina aufgewachsen ist. Er ging in die hintere Schule und feierte zum Schulabschluss seine Konfirmation am 4. April 1943. Von Pfr. Fünfgeld bekam er als Bibelspruch mit auf seinen weiteren Lebensweg: „Der HERR lässt es den Aufrichtigen gelingen, er beschirmt die Frommen.“ (Sprüche 2,7)

Dieser Spruch begleitete ihn all die Tage und gerade heute, im Rückblick, erkennen sie, liebe Familie – liebe Frau Bühler – wie dieser Spruch über dem Leben ihres Mannes stand und ihn getragen hat. Gerade in den letzten Monaten und Jahren, die durch seine Krankheit geprägt waren.

Nach der Schule hat Emil Bühler seine Ausbildung bei Elektro Schumacher in Emmendingen begonnen und währenddessen immer wieder bei seiner Verwandtschaft in Teningen gewohnt, insbesondere in den Wintermonaten, in denen es beschwerlich gewesen wäre, tag täglich mit dem Fahrrad den Berg hinauf nach Hause zu fahren.

Von 1951 bis 1954 arbeitete Emil dann bei Elektro Sulzberger in Reichenbach. Zu jener Zeit lernte er bei einer Hochzeitsfeier in der Krone seine 6 Jahre jüngere Liesbeth kennen, die ihm von da an nicht mehr aus dem Kopf ging. So war er fortan auffällig oft in der Krone, um auch ihr nicht mehr aus dem Kopf zu gehen. Mit den Jahren wurde aus den beiden ein Paar und gemeinsam traten sie am 21. Oktober 1958 vor den Traualtar. Nach ihrer Hochzeit wohnten sie gemeinsam in seinem Elternhaus im Schutzhof, von wo er auch seit 1955 seinen eigenen Betrieb leitete. Im März 1959 folgte die Geburt seines ersten Sohnes Emil. Das eigene Elternhaus im Schutzhof wurde für Familie und Geschäft jedoch immer enger. 1960 nutzte das junge Paar deshalb die Gelegenheit, als an der Hauptstraße ein eigenes Haus mit Geschäftsräumen zu kaufen war. Dort führte Emil gemeinsam mit seiner Frau fortan den Betrieb und konnte ihn immer weiter ausbauen. 1966 bekam die Familie mit der Geburt des zweiten Sohnes Siegfried weiteren Zuwachs. Und auch das Geschäft erweiterte sich immer weiter. Zuerst durch die erste Doppelgarage mit Werkstatt und den Anbau einer Halle mit Keller, wo ein eigenes Lager entstand und die fahrbare Leiter Platz fand, mit der Emil Bühler die Straßenbeleuchtung und Freileitungsnetze Freiamts versorgen konnte. 1973 kam eine weitere Garage mit weiteren Lagerräumen im Keller dazu.

Das Geschäft blühte und wuchs an, bis Mitte der 80’er Emil’s Nieren durch eine Grippe so schwer geschädigt wurden, dass er zuerst 9 Monate Dialyse brauchte, und später eine Nierentransplantation notwendig wurde. Durch diese Krankheit war Emil teilweise berufsunfähig, konnte aber das Geschäft dank seiner Familie weiterführen. Zum Jahresende 1991 übergab er dieses an seinen Sohn Siegfried. Selbst blieb Emil jedoch weiterhin im Betrieb tätig und leitete das Büro gemeinsam mit seiner Frau.

Seine Gesundheit aber blieb anfällig. 1992 brach er sich nach einer Feuerwehrprobe den Knöchel, 1993 und 1999 erlitt er einen Herzinfarkt und bekam verschiedene Stentimplantationen. Doch immer wieder erholte sich Emil Bühler gut von all diesen Rückschlägen. Es blieben aber die vielen Medikamente, die er aufgrund seiner Nierentransplantation nehmen musste. Und 2010 schlich sich immer mehr seine weitere Erkrankung ein.

Seine Demenz, durch die er immer mehr auf die Hilfe und Sorge seiner Frau angewiesen war, die ihn in all den Jahren liebevoll begleitete.

Seit Mai fand er diese liebevolle Begleitung auch einmal in der Woche in der Tagesbetreuung unserer Kirchengemeinde, wo er mit seinem Humor und seiner Fröhlichkeit Leben hineinbrachte und die anderen Gäste ihn jetzt sehr vermissen, wie ich selbst am Tag seines Todes erleben konnte, als ich gemeinsam mit den anderen Gästen Gottesdienst feierte und wir uns an Emil Bühler erinnert haben.

Doch verschlechterte sich der Zustand von Emil Bühler im letzten Vierteljahr zusehends. Seine Kräfte ließen immer mehr nach und er wurde körperlich schwächer und schwächer, bis er am Mittwoch, den 25. September plötzlich auf der Treppe zusammenbrach. Schnell war klar, dass er noch am Abend ins Krankenhaus musste. Unklar blieb jedoch auch im Krankenhaus, was ihm genau fehlte. Zwar erholte Emil sich zuerst nochmals gut, als die Ärzte seine Grippe und seine Lungenentzündung behandelten. Nach wenigen Tagen konnte er sogar wieder aufstehen und die Ärzte waren guter Hoffnung, dass er bald entlassen werden könnte. Doch dann ging es Emil Bühler wieder schlechter und mit einem Mal lag er im Sterben. Für sie, liebe Familie, war es in dieser Zeit nicht leicht, ihren Mann und Vater im Sterben zu begleiten. Sie haben erlebt, wie er vergeblich versuchte, gegen den Tod anzukämpfen. Soweit es ging und es ihre eigenen Kräfte zuließen, haben sie ihn auf diesem Weg begleitet, bis Emil Bühler am Dienstag vergangene Woche morgens starb. Sie mussten Abschied nehmen. Am Dienstag noch im Krankenhaus. Und am Mittwoch haben sie, liebe Frau Bühler, gemeinsam mit ihren beiden Söhnen und Emils Schwester mit ihrem Mann Abschied genommen bei unserer Aussegnung in Kenzingen, als wir gemeinsam ihren Mann, Vater und Bruder Emil Bühler Gott anvertraut haben.

Heute nehmen wir nun endgültigen Abschied. Abschied von einem lebensmutigen und unternehmungslustigen Mann, von einem liebevollen Ehemann und guten Vater, von dem sie viel gelernt haben. Von einem Menschen, den jeder in unserem Dorf kannte. Der gerne feierte und die Feste mit seiner geselligen und fröhlichen Art bereicherte. Der aber zugleich arbeitsam und strebsam seinen Betrieb führte und in vielen Vereinen tätig war. Besonders in der Freiwilligen Feuerwehr Freiamt, wo er seit 65 Jahren Mitglied war. 47 Jahre im aktiven Dienst und davon 24 Jahre als Kassenverwalter der Kameradschaftskasse. 18 Jahre in der Altersabteilung, davon 15 Jahre als Altersobmann. Unzählige 3tägige Ausflüge hat er organisiert und dabei die Ausflugsziele der Feuerwehr bei den Sommerurlauben der Familie vom Zillertal aus bereits zuvor erkundet.

Aber auch in anderen Bereichen hat Emil Bühler sich in das Dorfleben mit ganzer Kraft eingebracht. 18 Jahre war er im Gemeinderat tätig. Er organisierte die Schulkameradentreffen, erst des Jahrgangs seiner Schule, dann dessen ganz Freiamts. 25 Jahre war er in der Elektroinnung tätig und organisierte die Meisterschülertreffen mit. Durch sein Geschäft unternahm er Reisen nach Berlin, Moskau, Peking, New York und nach Spanien und unzählige Male mit seiner Familie und der Feuerwehr in die Alpen.

Nicht zuletzt brachte sich Emil Bühler aber auch hier in unserer Kirche ein, wo er seit 1955, ab 1978 zusammen mit seinem Sohn Siegfried Jahr für Jahr die Weihnachtsbaumbeleuchtung installierte.

Emil Bühler hat das Leben unseres Dorfes geprägt. Er war Teil des Dorfes. Viele Menschen kennen ihn und von vielen habe ich gehört, wie sie seinen Humor vermissen werden. Sie, liebe Familie, und viele andere Menschen, müssen Abschied nehmen. Von einem Menschen, der im Leben anderer und der Gemeinde eine wichtige Rolle spielte.

Liebe Familie Bühler, liebe Angehörigen, werte Trauergemeinde,

Sterben – wie schwer kann es manchmal sein. Für beide Seiten: Für den, der stirbt und für die, die machtlos an der Seite des Bettes stehen und dem Tod nichts entgegensetzen können. In diesen Momenten wird uns deutlich, wie zerbrechlich unser Leben ist. Eines Tages zerbricht es. Unser Körper hört auf zu leben. Wir hören auf zu atmen. Unser Herz schlägt ein letztes Mal. Wie sehr wir uns auch dagegen wehren, ob auf dem Sterbebett, wenn wir versuchen gegen den Tod anzukämpfen oder in unserem Alltag, indem wir den Tod aus unseren Gedanken verbannen, als sei er dann nicht mehr da: Er kommt. Unaufhaltsam. Keiner von uns kann seinem Leben auch nur eine Handbreit zufügen. Wir sind und bleiben zerbrechliche Menschen. Menschen mit einem sterblichen Körper. Machtlos gegenüber dem Tod.

Eine traurige Wahrheit, die uns immer wieder einholt, wenn wir mit ansehen müssen, wie ein lieber Angehöriger sterben muss, so sehr er sich auch dagegen wehrt. Tränen treibt diese Wahrheit uns in die Augen.

Eines Tages wird auch uns diese traurige Wahrheit selbst einholen, wenn unsere Stunde gekommen ist.

Und doch: Als Christen wissen wir: Auf uns alleine gestellt, sind wir dem Tod hilflos ausgeliefert. Aber es gibt jemanden, der an unserer Seite steht und uns rettet. Auch er ist in den Tod gegangen. Am Kreuz ist er gestorben. Sein Körper zerbrach. So wie unserer zerbricht. Mit all den Schmerzen, mit all dem Leid, das auch wir ertragen müssen.

Ins Grab wurde er gelegt und ein Stein davor gewälzt. Doch drei Tage später war der Tod besiegt. Der Stein war weggewälzt, neues Leben brach aus dem Grab hervor.

Jesus, der Gekreuzigte wurde zu Jesus, dem Auferstandenen. Aus dem Sterblichen und Zerbrechlichen ist neues Leben hervorgegangen. Gott hat wieder zusammengefügt, was zerbrochen war. Er hat neues Leben eingehaucht, wo der Tod das Leben ausgelöscht hat.

Jesus Christus – für uns gestorben – für uns auferstanden.

Er hat den Tod besiegt. Für uns.

Seither wissen wir: Gott will, dass wir leben. Der, der uns das Leben geschenkt hat, als wir entstanden sind, der lässt es nicht zu, dass dieses Leben eines Tages einfach ausgelöscht wird und in der endlosen Tiefe versiegt.

Gott fängt unser Leben auf. Wenn der Tod sich naht, steht Jesus fest an unserer Seite. Er geht mit uns, durch den Tod hindurch. So wie damals, als er am Kreuz gestorben ist. Er begleitet uns auf unserem Weg in den Tod hinein, um anschließend den Stein von unserem Grab zu wälzen. Die Erde öffnet sich – so wie damals. Jesus zieht uns aus unserem Grab, aus dem Tod heraus. Neues Leben entspringt. Ein Leben, frei von aller Sterblichkeit und Zerbrechlichkeit. Ein Leben bei Gott, in den Armen dessen, der uns so unendlich liebt.

Wir sind dem Tod machtlos ausgeliefert. Doch einer ist stärker als der Tod. Er lässt uns keine Sekunde alleine. Und mit seiner Hilfe können wir den Sieg über den Tod feiern. Wenn wir eines Tages sterben, werden wir es erleben. Wenn wir eines Tages sterben, werden wir sehen: All das, was uns Angst macht hier im Leben, all das überwindet Gott für uns. Er befreit uns davon. Dann endgültig. Ein Lachen wird sich über unserem Gesicht ausbreiten und wir werden fröhlich sein.

Liebe Familie, liebe Angehörige,

ich bin überzeugt, dass ihr Mann, Vater, Bruder und Großvater, dass ihr Emil sein Lachen, das ihn Zeit seines Lebens ausgemacht hat, auch heute nicht verloren hat. Dass er auch heute im Angesicht des Todes weiterhin jemand sein kann, der einen lustigen Spruch auf den Lippen hat und heute, im Angesicht des Todes, hämisch fragt: „Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?“ (1.Kor. 15,55)

Denn ich bin überzeugt: Er erfährt heute endgültig, was wir unser Leben lang spüren und glauben.

Er erfährt das, was ihm bei seiner Konfirmation zugesprochen wurde: „Gott beschirmt die Frommen.“ (Sprüche 2,7)

Dieser Schutz Gottes hat ihn ein Leben lang begleitet. Und heute erlebt Emil, wie Gott schützend eingreift und handelt. Wie Gott uns vor dem verloren gehen beschirmt und uns zu sich nimmt. In sein Reich. In den Himmel, wo wir unter seinem Schutz und Schirm weiterleben bis in alle Ewigkeit.

Möge dies unsere Tränen darüber, dass wir einen geliebten Menschen verloren haben, dass etwas für uns und unser Leben Wichtiges ans Ende gekommen ist, stillen und immer wieder ein hoffnungsvolles Lächeln über unser Gesicht huschen. Weil wir wissen: In diesem Lachen sind wir mit Emil Bühler verbunden. Dieses Lachen und diese Fröhlichkeit prägte ihn sein Leben lang. Sein Lachen endet heute nicht, sondern es klingt weiter. In unseren Ohren. Im Himmel, bei Gott und in unseren Herzen.

Möge es uns auch in Zukunft immer wieder anstecken, bis wir eines Tages wieder vereint miteinander lachen.

So sei es, oder wie die Bibel sagt:

Amen.

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